ADHS

ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen) gehört zu den häufigsten psychischen Störungen im Kindesalter. Der Verlauf ist meist chronisch und eine langfristige Therapie und Begleitung des Kindes ist fast immer notwendig. ADHS ist durch eine Beeinträchtigung folgender drei Kernsymptome: der Aufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsstörung, Ablenkbarkeit), der Impulskontrolle (Impulsivität) und der Aktivität (Hyperaktivität) gekennzeichnet.

Kennen Sie das?

Ständig ist der vierjährige Mark in Bewegung, in jeder Situation und bei jeder Beschäftigung hält er es nicht länger als ein paar Minuten aus. Auch Spiele hält er nicht lange durch. Außerdem hat Mark ständig was zu erzählen, zu fragen, macht Lärm oder es fällt ihm permanent etwas hinunter oder er stößt etwas um. Seine Mutter kommt zu gar nichts mehr und ist um jede Sekunde froh, in der Ruhe herrscht.

Auch im Kindergarten sieht es ähnlich aus. Wenn Mark in der Gruppe ist, hat die Erzieherin das Gefühl nicht 20, sondern 40 Kinder betreuen zu müssen. Zudem kommt es immer wieder zu Streitigkeiten und Auseinandersetzungen, weil sich Mark durch seine Umtriebigkeit kaum an Regeln halten kann. Er ist immer der Erste und möchte alles richtig und gut machen, aber er ist unendlich anstrengend.

Für Lena und ihre Mutter sind die Hausaufgaben die schlimmste Zeit am Tag. Unzählige Male fordert die Mutter Lena auf, mit den Aufgaben zu beginnen. Das Mädchen trödelt und weiß tausend Ausreden bis die Mutter schließlich aus der Haut fährt. Wütend setzt sich Lena nun zum Tisch, weiß aber nicht mehr, welche Aufgaben sie machen muss. Auch findet sie ihr Mathematikheft nicht mehr und schimpft über die Lehrerin. Sobald die Mutter sich umdreht spielt Lena mit dem Bleistift, schaut zum Fenster hinaus oder muss dringend aufs WC. Bei den Rechnungen verwechselt sie ständig Plus und Minus, schreibt die Texte nicht richtig ab und ihre Schrift ist ohnehin kaum mehr zu entziffern!

Auch im Unterricht klagt die Klassenlehrerin, dass sie nur so vor sich hin träumt oder mit ihrer Nachbarin tratscht und gar nicht mitbekommt, wenn sie irgendetwas machen soll. Natürlich hat sie schlechte Noten und vor allem das Rechtschreiben fällt ihr schwer, auch wenn sie sich ganz stark bemüht.

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Viele Kinder und Jugendliche sind von solchen oder ähnlichen Verhaltensproblemen betroffen. Natürlich ist nicht jedes Kind immer gehorsam oder zappelt mal herum, aber gehört dies bereits zu Ihrem Alltag? Wird das Verhalten Ihres Kindes zu einer so großen Belastung, dass Sie sich nicht mehr selbst zu helfen wissen? Ist dies der Fall, könnte Ihr Kind an einer Hyperkinetischen Störung, auch Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) genannt, leiden.

Die Grundregel bei der Auswahl der Unterstützung für Kinder und Jugendliche mit ADHS ist, dass die Maßnahme dort ansetzen soll, wo die Probleme auftreten:

  • Bei Ihrem Kind oder dem Jugendlichen selbst
  • In der Familie
  • Im Kindergarten oder in der Schule

Dieses Prinzip ist deshalb von großer Bedeutung, da die meisten Hilfsmaßnahmen sehr spezifisch wirken. Wenn Ihr Kind also in der Familie Verhaltensauffälligkeiten zeigt, ist es wichtig innerhalb der Familie etwas zu unternehmen bzw. zu verändern. Sie können dabei selbst Hand anlegen oder sich von einem Arzt, Psychotherapeuten oder ADHS-Therapeuten Unterstützung holen, der Ihnen beratend zur Seite steht bzw. gemeinsam mit Ihnen und Ihrem Kind oder Jugendlichen Überlegungen anstellt, welche Schritte oder Veränderungen zum besseren Zusammenleben in der Familie unternommen werden können.


Auch hier gilt Verständnis für die Diagnose erleichtert das Verständnis für die Sorgen Ihres Kindes!

Symptome

Manche Kinder sind lebhafter als andere und jedes Kind ist irgendwann einmal sehr unruhig oder kann sich nicht konzentrieren und lässt sich leicht ablenken. Allgemein ist es auch so, dass es jüngeren Kindern schwerer fällt als Älteren, sich ruhig zu verhalten oder ausdauernd bei einer Sache zu bleiben. Die Konzentrationsfähigkeit und die Ausdauer von Kindern verbessert sich mit dem Alter.

Grundsätzlich unterscheiden sich Kinder und Jugendliche mit ADHS-Symptomen von Kindern und Jugendlichen mit diesen ganz normalen Entwicklungserscheinungen durch das Ausmaß und die Stärke der Problematik.

Im Vergleich zu anderen Kindern gleichen Alters zeigen sich ausgeprägte Auffälligkeiten in folgenden drei Kernbereichen:


Konzentrations- und Aufmerksamkeitsschwächen

Den Kindern oder Jugendlichen fällt es äußerst schwer, begonnene Tätigkeiten zu Ende zu bringen. Sie können sich nur für kurze Zeit auf eine Sache konzentrieren und lassen sich extrem leicht ablenken. Dadurch unterlaufen ihnen auch häufig Flüchtigkeitsfehler. Häufig sind diese Auffälligkeiten bei Tätigkeiten zu beobachten, die von anderen vorgegeben werden, wie z.B. bei Hausaufgaben oder Aufgaben in der Schule. Bei einigen Kindern tritt diese Problematik auch bei Beschäftigungen, die sie selbst wählen auf, wie beispielsweise bei einem Spiel, welches sie ständig unterbrechen und nicht zu Ende bringen können.


Impulsives Verhalten

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In den meisten Fällen neigen die Kinder und Jugendlichen dazu, plötzlich und ohne zu überlegen zu handeln. Sie folgen ihren ersten Einfällen und bedenken dabei nicht die Folgen. Sie beginnen mit ihren Hausaufgaben, ohne sich die Aufgabe genau durchzulesen. Sie platzen mit der Antwort heraus, bevor die Frage zu Ende gestellt wurde. Sie unterbrechen andere häufig und können kaum abwarten, bis sie an der Reihe sind. Diese Probleme sind deutlich stärker ausgeprägt als das normalerweise bei Kindern und Jugendlichen gleichen Alters der Fall ist.


Ausgeprägte körperliche Unruhe

Vor allem in Kindergarten und Volksschule fallen die Kinder durch ihre Ruhelosigkeit und ihr ständiges Zappeln auf. Die Kinder stehen häufig während des Unterrichts, bei den Hausaufgaben oder beim Mittagessen auf. Meist fällt es ihnen schwer, ruhig zu spielen und sie laufen oder klettern permanent herum. Wenn sie aufgefordert werden, leise zu sein oder sitzen zu bleiben, können sie sich meist nur für sehr kurze Zeit daran halten. Im Jugendalter hingegen ist die körperliche Unruhe geringer, jedoch kann eine starke innere Unruhe und Anspannung vorherrschend sein.

Üblicherweise sind diese Auffälligkeiten in verschiedenen Lebensbereichen zu beobachten, also nicht nur in der Familie, sondern auch im Kindergarten oder in der Schule und bei Freizeitaktivitäten mit Gleichaltrigen. Typischerweise treten die Probleme verstärkt in jenen Situationen auf, in denen von den Kindern und Jugendlichen eine längere Ausdauer erwartet wird, wie z.B. im Unterricht, bei den Hausübungen oder beim Mittagessen.

Hingegen kommen diese Auffälligkeiten bei vielen Kindern entweder gar nicht oder in verminderter Form vor, wenn sie sich in einer neuen Umgebung befinden, sie nur mit einer Person zusammen sind oder sie sich einer ihrer Lieblingsaktivitäten widmen, selbst wenn diese ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erfordert, wie beispielsweise bei einem Computerspiel.

Diagnostik

Die genannten Schwierigkeiten und Probleme können unterschiedlich ausgeprägt sein. Bei einigen Kindern sind die Auffälligkeiten so ausgeprägt, dass sie schon nach kürzester Zeit auffallen. Meist sind diese Kinder in Kindergärten oder Schulen kaum tragbar und auch die Belastungen in der Familie können außerordentlich stark sein.

Bei der Mehrzahl der Kinder sind die Auffälligkeiten nicht so stark ausgeprägt und treten nicht in allen Lebensbereichen (z.B. Schule, Familie, Freizeit) auf, wodurch es diese Kinder auch manchmal schaffen einen längeren Zeitraum zu Recht zu kommen. Der Übergang von “normalem“ Verhalten zu auffälligem Verhalten ist fließend.

Die Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) kann nur nach einer genauen Untersuchung durch einen Spezialisten, wie beispielsweise einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder einem klinischen Psychologen, gestellt werden.

Grundsätzlich müssen für die Diagnose einer Hyperkinetischen Störung mehrere Merkmale der Kernsymptome erfüllt und deutlich stärker ausgeprägt sein, als dies bei Kindern gleichen Alters und gleicher Grundbegabung der Fall ist. Zudem müssen die Auffälligkeiten in verschiedenen Lebensbereichen auftreten, wie z.B. sowohl in der Familie als auch im Kindergarten bzw. in der Schule. Fachleute werden aufgrund dessen in den meisten Fällen, nach Rücksprache mit den Eltern, auch direkt mit Kindergartenpädagogen oder Lehrern sprechen.

Therapiemöglichkeiten

Zu Beginn jeder ADHS-Therapie sollte die Aufklärung und Beratung stehen. Es gilt dabei sowohl den Eltern, als auch den Lehrern, sofern die Problematik auch in der Schule auftritt, beratend zur Seite zu stehen.

Die Aufklärung hinsichtlich der Symptomatik, des Verlaufes und die Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche und –situationen des Kindes oder Jugendlichen sind grundlegend. Zudem ist ein ausführliches Gespräch über die Behandlungsmöglichkeiten notwendig, um die richtigen Therapiemaßnahmen für das jeweilige Kind bzw. den Jugendlichen einzuleiten.

Neben der Aufklärung ist die Beratung der Betroffenen mindestens genauso bedeutsam. Konkrete pädagogische Unterstützungsmöglichkeiten zur Bewältigung von alltäglichen Problemsituationen in der Familie, der Schule, etc. können dabei häufig schon zur Entlastung des Familienlebens beitragen.

Die Aufklärung und Beratung des Kindes oder Jugendlichen kann ab dem Schulalter in altersentsprechender Form durchgeführt werden. Neben der Aufklärung selbst ist es wichtig dem Kind bzw. Jugendlichen zu vermitteln, dass er selbst etwas tun kann, um die Symptomatik zu verringern, und somit die Probleme zu vermindern. Durch eine positiv gestaltete Beratung ist eine gute Voraussetzung geschaffen, um mit dem Betroffenen individuelle Ziele zu erarbeiten.

Mit Hilfe solch einer Beratung sollen sowohl ADHS-Symptome als auch oppositionelle und aggressive Verhaltensauffälligkeiten vermindert werden.

Neben der Aufklärung und Beratung ist die Grundregel bei der Auswahl der Hilfen für hyperkinetische Kinder und Jugendliche, dass die Maßnahmen dort ansetzen müssen, wo die Probleme auftreten: beim Kind oder Jugendlichen selbst, in der Familie, im Kindergarten oder in der Schule. Dieses Prinzip ist deshalb von größter Bedeutung, da die meisten Hilfsmaßnahmen sehr spezifisch wirken.

Deshalb ist in der Regel eine Kombination von Maßnahmen notwendig um dem Kind wirkungsvoll helfen zu können, man spricht dabei von der multimodalen Behandlung.

Die multimodale Behandlung kann überblicksmäßig folgende Therapiemaßnahmen und Interventionen umfassen:

  • Elterntraining und Intervention in der Familie
  • Intervention im Kindergarten bzw. in der Schule
  • Kognitive Verhaltenstherapie des Kindes/Jugendlichen
  • Selbstmanagement-Intervention
  • Medikamentöse Behandlung
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Häufig ist die Beratung nicht ausreichend um eine Verhaltensveränderung des Kindes zu bewirken, daher stellen in vielen Fällen intensivere Elterntrainings und Interventionen in der Familie eine gute Unterstützungsmöglichkeit dar, um aus dem meist vorhandenen „Teufelskreis“ (nähere Informationen siehe unten) auszusteigen und das Zusammenleben wieder in positive und konstruktive Bahnen zu bringen.

Ziele dieser Interventionen sind:

  • Aufbau positiver Eltern-Kind-Interaktionen
  • Anwendung positiver Verstärkung zur Verminderung von Verhaltensproblemen
  • Geplanter Einsatz von negativen Konsequenzen, wenn positive Verstärkung nicht hinreichend erfolgreich ist

Als Voraussetzung, um spezifische verhaltenstherapeutische Maßnahmen in Kindergarten oder Schule umsetzen zu können, ist eine gute Kooperation der ErzieherInnen bzw. des Lehrpersonales notwendig. Wichtige Interventionen auf Gruppen-/Klassenebene sind z.B.: die Sitzposition des Kindes, der Strukturierungsgrad des Unterrichts, der Wechsel von Unterrichtsaktivitäten, sowie das Festlegen von Verhaltensregeln für die ganze Klasse und die Anwendung von positiver Verstärkung und negativen Konsequenzen bei Problemverhalten in spezifischen Problemsituationen (z.B. steht häufig während des Unterrichts auf).

Folgend möchte ich einige konkrete Zielsetzungen erwähnen, wann eine kognitive Verhaltenstherapie eine unterstützende Maßnahme sein kann, bzw. wann diese Therapieform als geeignete Möglichkeit der multimodalen Behandlung anzuwenden ist:

  • Verbesserung der Spielintensität und –ausdauer
  • Verminderung von impulsiven und unorganisierten Aufgabenlösungen
  • Verbesserung der Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistung
  • Anleitung des Kindes/Jugendlichen zur Veränderung des Problemverhaltens

Des Weiteren sollten Selbstmanagement-Interventionen ab dem Schulalter Bestandteil der Therapiemaßnahmen darstellen, als Beispiel zum besseren Verständnis werde ich kurz das Selbstinstruktionstraining sowie die Methode des Selbstmanagement anführen.

  • Ein Selbstinstruktionstraining ist bei Kindern ab dem Schulalter, wenn selbst unter günstigen Bedingungen ein ausgeprägtes impulsives, leicht ablenkbares, wenig konzentriertes und durchstrukturiertes Arbeitsverhalten auftritt, eine passende Maßnahme. Ziel des Selbstinstruktionstrainings ist es, die Selbstregulierungsfähigkeit und die Problemlösungsstrategien des Kindes zu verbessern.
  • Die Methode des Selbstmanagements verfolgt das Ziel das Kind anzuleiten, in seiner natürlichen Umgebung auf die eigenen Verhaltensprobleme zu achten und sie zu registrieren. Das Kind soll in kritischen Situationen alternatives, angemessenes Verhalten zeigen, indem es versucht sich an bestimmte Regeln zu halten, und indem es sich für eine erfolgreiche Situationsbewältigung selbst positiv verstärkt. Besonders für Jugendliche ist dieser Ansatz von großer Bedeutung.

Zur Verminderung der Symptomatik, bei besonders starker Ausprägung der Beeinträchtigung bzw. wenn andere Therapiemöglichkeiten nur wenig Erfolg bringen, kann eine medikamentöse Behandlung ebenfalls eine notwendige Maßnahme der „Multimodalen Behandlung“ darstellen. Nähere Informationen dazu finden Sie im folgenden Menüpunkt.

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Um den richtigen Weg zu finden wie ich Ihrem Kind, Ihrer Familie und auch Ihnen selbst die bestmögliche Unterstützung zukommen lassen kann, stehe ich gerne als ADHS-Therapeutin in einem persönlichen Gespräch zur Verfügung. Dabei erarbeiten wir gemeinsam die ideale Vorgehensweise, um mit den für Ihre Situation passenden Therapiemaßnahmen, das „Miteinander“ in Familie und Schule/Kindergarten positiv zu gestalten.

Medikamentöse Behandlung

Die medikamentöse Behandlung von Kindern mit ADHS kann eine wichtige Ergänzung der anderen Behandlungsformen darstellen. Manchmal ist sie sogar die wesentliche Voraussetzung dafür, dass die anderen Behandlungsformen erfolgreich eingesetzt werden können. Einige Kinder kommen auch mit den Medikamenten so gut zurecht, dass neben einer regelmäßigen Kontrolle und Beratung der Eltern, keine weiteren intensiven Maßnahmen notwendig sind.

Alle Medikamente sind ab dem Alter von sechs Jahren zugelassen. Nur in besonders schweren Fällen und wenn andere Therapien nicht hinreichend geholfen haben, kann der Arzt in begründeten Fällen auch schon vor dem sechsten Jahr eine medikamentöse Behandlung durchführen.

Die Medikamente sind bei Kindern ab dem Alter von sechs Jahren sehr gut untersucht worden und führen bei mindestens 70% der Kinder mit einer ausgeprägten hyperkinetischen Störung zu einer deutlichen Verminderung dieser Auffälligkeiten. Allerdings hält die Wirkung der Medikamente nur solange an, wie das Medikament gegeben wird. Aufgrund dessen sind in den meisten Fällen eine mehrjährige medikamentöse Behandlung und eine Kombination mit anderen Behandlungsmaßnahmen notwendig. Durch die Medikamente kann sich die Konzentrationsfähigkeit verbessern und das hyperkinetische, unangenehme, störende und impulsive Verhalten des Kindes kann sich vermindern. Wundermittel sind solche Medikamente jedoch keine, und vor allem lernt das Kind durch die Medikamente nichts dazu. Sie vermindern die Auftretenswahrscheinlichkeit problematischer Verhaltensweisen und verbessern dadurch die Lernvoraussetzungen und –möglichkeiten der Kinder.

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Die guten Ergebnisse der Medikation gelten jedoch nur für Kinder mit ausgeprägtem ADHS, die ein hohes Maß an motorischer Unruhe, an Aufmerksamkeitsschwächen oder an Impulsivität zeigen. Sie sind nicht für die große Gruppe der Kinder mit leichteren ADHS-Symptomen gültig, und sind bei diesen Kindern vermutlich weniger wirksam. Kinder mit leichten ADHS-Symptomen benötigen daher in der Regel keine medikamentöse Behandlung.

Die Nebenwirkungen sind in überwiegender Zahl der Fälle gering und treten häufig nur vorübergehend auf bzw. verschwinden fast immer mit dem Absetzen der Medikation. Eine Überprüfung der Wirksamkeit einer Behandlung mit diesen Medikamenten kann daher fast immer ohne größeres Risiko erfolgen. Die häufigsten Nebenwirkungen sind eine Verminderung des Appetits sowie Schlafstörungen und selten treten auch Weinerlichkeit oder Zuckungen im Gesicht (Tics) auf. Diese Nebenwirkungen sind in der Regel aber nicht sehr stark oder lassen sich oft durch eine Verminderung der Dosierung abschwächen.

Der Teufelskreis

Typischerweise geraten Familien mit Kindern, die ADHS-Symptome aufweisen, häufig in einen sogenannten Teufelskreis, der in mehreren Phasen verläuft. In diesen Teufelskreis geraten auch oft ErzieherInnen und LehrerInnen in Kindergärten und Schulen.

1. Es wird dem Kind eine Aufforderung gestellt.
In ganz vielen alltäglichen Situationen stellen alle Bezugspersonen ihren Kindern Aufforderungen. Das Kind hat die Möglichkeit solch eine Aufforderung zu befolgen oder aber auch nicht. Wenn das Kind tut, was die Eltern oder andere Bezugspersonen verlangt haben, wird meist nicht weiter auf das Kind geachtet und es wird anderen Tätigkeiten, wie Essen kochen, bügeln oder Zeitung lesen nachgegangen. Hyperkinetische Kinder reagieren schon alleine aufgrund ihrer Aufmerksamkeitsproblematik und Impulsivität häufig nicht auf solche Aufforderungen wodurch der Teufelskreis beginnt.

2. Die Aufforderung wird wiederholt.
Dies kann je nach dem fünf bis zehn Mal oder auch häufiger erfolgen. In der Regel werden die Bezugspersonen bei jeder Wiederholung der Aufforderung immer ärgerlicher und die Stimme wird lauter und gereizter. Auch hier hat das Kind wieder die Möglichkeit das zu tun, wozu es aufgefordert wurde. In diesem Fall wenden sich die Bezugspersonen, meist schon recht ärgerlich, wieder anderen Tätigkeiten zu, häufig mit den Worten „Warum nicht gleich so?“. Sofern das Kind die Aufforderung nicht befolgt, geht der Teufelskreis weiter.

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3. Dem Kind wird gedroht.
Im nächsten Schritt gehen die Bezugspersonen dazu über, den Kindern mit Strafen zu drohen. Häufig werden diese sehr impulsiv und nicht gut überlegt ausgesprochen, da sie ohnehin schon ärgerlich sind. Auch diese Drohungen können mehrfach wiederholt werden und immer heftiger ausfallen. Auch da hat das Kind die Möglichkeit, irgendwann der Aufforderung nachzukommen und die Bezugspersonen werden sich dann meist wütend einer anderen Tätigkeit zuwenden. Wird die Aufforderung nicht befolgt, dann geht der Teufelskreis weiter.

4. Ratlosigkeit der Bezugspersonen.
Oft wissen die Eltern, Lehrer oder Kindergartenpädagogen an dieser Stelle nicht mehr weiter, da weder eine freundliche noch eine ärgerliche Aufforderung bzw. das Androhen von Strafen das Kind dazu bewegen, zu tun, was von ihm verlangt wurde. Nun haben die Bezugspersonen zwei Möglichkeiten zu reagieren:

  • Entweder sie geben nach und fordern von ihrem Kind nicht mehr das, was sie eigentlich wollten, wodurch beispielsweise das Kinderzimmer unaufgeräumt bleibt oder das Kind trotz schmutziger Finger zum Mittagessen kommt.
  • Der zweite Fall ist, dass die Bezugspersonen auf das Kind aggressiv reagieren. Das Kind bekommt eine Ohrfeige oder wird mit Worten sehr abgewertet!

Welche Erfahrungen macht das Kind im Teufelskreis?

Im Teufelskreis macht das Kind vielfältige ungünstige Erfahrungen, die eher dazu beitragen, dass die Verhaltensprobleme weiter zunehmen.

  • Geben die Bezugspersonen am Ende des Teufelskreis nach, macht das Kind die Erfahrung, dass es die „Nörgeleien“ nur lange genug aushalten muss, um unangenehmen Aufforderungen aus dem Weg zu gehen. Es erfährt aber auch, dass die Aufforderungen und schließlich auch die Drohungen nicht ernst zu nehmen sind.
  • Reagieren die Bezugspersonen am Ende aggressiv, lernt das Kind, wie man sich zumindest als körperlich Stärkerer durchsetzen kann. Das Kind bekommt vorgelebt, dass gutes Zureden und Drohungen auch nichts nützen, sondern letztlich nur der körperlich Stärkere gewinnt. Dies wird vielleicht dazu führen, dass das Kind das nächste Mal aus Angst der Aufforderung nachkommt, aber außerhalb dieses Systems wird es seine Erfahrung anwenden, dass der Stärker gewinnt und die Wahrscheinlichkeit zu aggressivem Verhalten steigt.
  • Auch wenn das Kind schließlich zu irgendeinem Zeitpunkt in dem Teufelskreis doch die Aufforderung befolgt, macht es häufig ungünstige Erfahrungen. Die Bezugspersonen wenden sich dann meist anderen Tätigkeiten zu, was häufig auch verständlich ist, da diese Kinder viel Energie und Kraft benötigen. Das Kind erlebt jedoch, dass sein angemessenes oder wenig problematisches Verhalten gar nicht weiter beachtet wird und die mangelnde Aufmerksamkeit wird weiter dazu führen, dass das Kind in Zukunft seltener tut, was von ihm verlangt wird. Zudem führt dies dazu, dass das Kind und seine Bezugspersonen schließlich fast nur noch negativ, ermahnend, schimpfend, drohend, weinend, miteinander umgehen und positive Erfahrungen immer mehr in den Hintergrund treten.

Ein Durchbrechen des Teufelskreises ist nötig, um ein positives Zusammenleben und Zusammenarbeiten zwischen dem Kind und den Bezugspersonen herzustellen. Um dies zu erreichen, kann ein Elterntraining, eine Lehrerberatung oder auch eine ADHS-Therapie mit Ihrem Kind eine unterstützende Maßnahme sein, die ich Ihnen anbiete.

Ursachen

Im Grunde gibt es bis heute keine eindeutige und allumfassende Erklärung für die Entstehung dieser Auffälligkeiten. Allerdings sind sich die meisten Wissenschaftler einig, dass die Hauptursachen dieser Problematik in den Veränderungen der Funktionsweise des Gehirns zu suchen sind. Diese Veränderungen sind jedoch so komplex, dass sie beim einzelnen Kind, selbst mit modernen Untersuchungsmethoden, meist nicht nachweisbar sind.

In wissenschaftlichen Untersuchungen der Neurotransmitter im Gehirn (das sind die Botenstoffe, die zwischen den einzelnen Hirnzellen die Verbindung herstellen) konnten teilweise typische Veränderungen bei Kindern mit ADHS nachgewiesen werden. Die Ursachen für diese Funktionsstörungen des Gehirns sind aber ebenfalls noch nicht eindeutig erforscht.

Des Weiteren wurde festgestellt, dass die Bedingungen, unter denen die Kinder in der Familie, im Kindergarten und in der Schule aufwachsen, die Ausprägung und den Verlauf dieser Auffälligkeiten erheblich beeinflussen.

Im Einzelnen müssen also folgende Faktoren beachtet werden:

  • In neuen Studien konnte herausgefunden werden, dass erbliche Faktoren bei der Entwicklung dieser Störung eine bedeutende Rolle spielen bzw. vermutlich sogar als der wichtigste Faktor angesehen werden. Diese erblichen Faktoren lösen vermutlich die Störungen der Hirnfunktionen aus.
  • Komplikationen und Belastungen während der Schwangerschaft, der Geburt oder in der Neugeborenenperiode (z.B. Frühgeburt, starker Alkoholkonsum der Mutter in der Schwangerschaft, vorzeitige Wehentätigkeiten sowie Nabelschnurumschlingung bei der Geburt) sind vermutlich nur in Einzelfällen von Bedeutung. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Kinder mit ADHS lassen sich jedoch keine Hinweise auf solche Komplikationen finden.
  • Neben den Funktionsstörungen des Gehirns beeinflussen auch Umweltfaktoren die Entwicklung von ADHS. Die familiären Bedingungen aber auch die Bedingungen in Kindergarten und Schule, unter denen die Kinder mit ADHS leben, sind zwar nicht die alleinige Ursache der Störung, aber sie können die Stärke der Probleme und ihren weiteren Verlauf in erheblichem Maß mitbestimmen. Aufgrund ihrer Unruhe und ihres impulsiven Verhaltens stoßen Kinder und Jugendliche mit ADHS häufiger an Grenzen bzw. übertreten diese als andere Kinder. Des Weitern reagieren Kinder mit ADHS auf normale Erziehungsmaßnahmen oft nicht so wie andere Kinder. Eltern, Lehrer und Erzieher geraten deshalb häufig in schwierige Erziehungssituationen wodurch meist ein Teufelskreis aus Ermahnungen und Grenzsetzungen entsteht. Positive Erfahrungen treten gegenüber negativen Ereignissen sowohl in der Familie als auch im Kindergarten oder in der Schule immer mehr in den Hintergrund.

Verlauf

Grundsätzlich beginnen ADHS-Symptome vor dem Schulalter, meist sind sie spätestens im Alter von fünf bis sechs Jahren gut erkennbar. Häufig fallen diese Kinder aber schon im Kleinkindalter als „Schreibabies“ auf, haben Verdauungsprobleme oder schlafen nicht durch.

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  • Im Kindergartenalter ist häufig die motorische Unruhe und extreme Umtriebigkeit besonders stark ausgeprägt. Den Kindern fällt es schwer, zu einem ruhigen und ausdauernden Spiel zu kommen. Manchmal treten die Auffälligkeiten im Kindergarten stärker auf als in der Familie, weil dort wesentlich mehr Reize auf das Kind einströmen. Viele Kinder fallen durch extreme Wutausbrüche und das Nichtbeachten von Grenzen und Anweisungen auf. Eltern sind meist sehr stark durch das ungesteuerte Verhalten ihres Kindes belastet, da man von ihnen ein hohes Maß an Aufsicht aber auch Geduld erfordert, die aber nicht immer aufzubringen ist. Auch das Unfallrisiko zu Hause und im Straßenverkehr ist aufgrund der hohen Impulsivität der Kinder deutlich höher.
  • Mit dem Schulbeginn geht meist eine deutliche Zunahme der Schwierigkeiten einher, weil die Kinder plötzlich mit Anforderungen an Ruhe, Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit konfrontiert sind, denen sie nicht gewachsen sind. Die Kernproblematik in der Familie stellt häufig die Bewältigung der Hausaufgaben dar. Schlechte Schulleistungen, vor allem aber Probleme beim Lesen und Schreiben lernen, treten häufig, aber nicht immer auf. Aufgrund der vielen Schwierigkeiten verlieren viele Kinder schnell die Lust am Lernen und aggressive Verhaltensweisen sowie Selbstwertprobleme können zunehmen. Bei massiven Schulschwierigkeiten können auch Klassenwiederholungen und Umschulungen notwendig werden.
  • Mit Beginn des Jugendalters vermindert sich vor allem die körperliche Unruhe, während die Aufmerksamkeitsprobleme und impulsive Handlungen häufig erhalten bleiben. Bei Kindern mit einem günstigen Verlauf der Problematik sind mitunter keine Unterschiede mehr zu Gleichaltrigen festzustellen, auch wenn sie immer noch als sehr lebendig gelten. Jugendliche, die vor allem schon als Kinder aggressiv auffällig waren, entwickeln gehäuft dissoziale Verhaltensprobleme, meist in Form von Schule schwänzen, ausgeprägtem Lügen und Stehlen. Bei Kindern, die über viele Jahre hinweg die Schule als sehr negativ erlebt haben, tritt häufig eine massive Abneigung gegen schulische Leistungen aller Art auf.
  • Die Verhaltensprobleme des Jugendalters können sich bei einigen bis ins Erwachsenenalter hinein fortsetzen, bei anderen vermindern sich die Probleme mit Eintritt in das Erwachsenenalter weiter. Am ungünstigsten ist die weitere Entwicklung bei jenen, die im Jugendalter dissoziale Verhaltensauffälligkeiten entwickelt haben und die Schule mit schwachen schulischen Leistungen abschließen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, je früher mit spezifischen Therapiemaßnahmen begonnen wird, desto positiver ist die Auswirkung auf die weitere Entwicklung des Kindes oder Jugendlichen.